Abenteuer zwischen Elvo, Pizzeria und Ladestationen Die Campionato Piemontese 2025
von Victor Jans
Anfang Oktober breche ich mit Vorfreude Richtung Piemont zur Goldwaschmeisterschaft in Vermogno auf – dieses Jahr zum ersten Mal elektrisch unterwegs im Citroën eC4 X. Mein Start verläuft optimistisch (Batterie 100%), doch meine Stimmung wird bald etwas gedämpft. Klassischer Gotthard-Stau von ½ Stunden an einem ganz normalen Freitag-Vormittag!?
Ladeprobleme bei der ersten Kaffeepause in Bellinzona: Der Porsche-Fahrer an der Ladesäule nebenan zeigt mir, wie er locker einsteckt und lädt – mit Porsche-eigener App. Ich habe drei Apps auf dem Handy, aber keine will so richtig. Schlussendlich klappt es noch und ich freue mich auf das goldene Zeitalter der Ladestationen in Italien.

In Varese im grossen Shopping-Center gab es einst eine Ladestation – doch davon ist nur noch die Bodenbemalung übrig. Aber ich will gar nicht laden, sondern erst mal die Einkaufsliste abarbeiten: Immer ein 6er-Pack Wasser und eine/zwei Not-Rationen (meist eine Büchse Bohnen 😉) gehören bei einer Goldwasch-Expedition in mein Auto. An der optisch perfekten aber natürlich nicht allzu hochwertigen Kunstdaunen-Jacke für € 40 kann ich nicht vorbeigehen und packe sie in den Einkaufwagen. Dann noch Espresso mit Gipfel alla Nocciola.
Mein Zelt in Vermogno ist nach einem weiteren Ladestopp bei der Autobahn-Ausfahrt schnell aufgebaut und ich fahre nach Borriana, wo die Schweizer Goldwäscher sich treffen wollen. Ich stelle fest, dass dieses Jahr eine wahrliche Schweizer Invasion nach Italien gekommen ist – offenbar ähnlich wie nach Elvo-Hochwassern. Die Italiener erzählen, dass sich dann ganze Schweizer Goldwäscher-Armeen am Fluss tummeln.


Der Pizzaabend in Adele’s Pizzeria wird legendär: Mega-Pizzas, eine lautstarke Geburtstagsgesellschaft nebenan singt italienische Karaoke-Canzoni und beste Stimmung in unseren Reihen.


Der Samstag-Goldwaschtag am Elvo bringt Erkenntnisse aller Art. Das Frühlings-Ausbeute beim ersten Versuch ist sehr übersichtlich: Ein drei Millimeter-Goldflitter glänzt in der Pfanne! Sofort Schleuse ins Wasser und eine Stunde schaufeln: Natürlich kaum mehr etwas. Die grossen Funde machen Silvia und Brigitta – Brigitta schnappt sich ein 5 mm-Megaflitter und wenig später noch ein 4 mm! Mir bleiben Muskelkater vom Schleppen und immerhin 0,07 Gramm für die Statistik.
Am Samstagabend wieder ein feiner, unter Pizza Gorgonzola versteckter Teller, dazu Neuigkeiten: Im Frühling gab’s angeblich Busse für Camper entlang dem Fluss – 1500 Euro Strafe, wenn man wild übernachtet. Damit Goldwaschen keine teure Leidenschaft wird, lieber vorher die Verbotsschilder studieren.
Sonntag = Meisterschafts-Tag! Mit der Speed-Pan will einfach der Wurm nicht raus – immerhin, mit der Klondike darf ich im Halbfinal kurz mitspielen, werde aber im Final Letzter 😉. Toni Krummenacher – erstmals am Elvo nur mal so zum Schauen – holt sensationell den Piemontesischen Goldwasch-Meistertitel, Marlise wird Zweite bei den Damen – und wie der Speaker erstaunt meint: Keiner der ersten Drei aller Kategorien kommt aus dem Piemont … typisch Schweizerisch eben!


Unschlagbar dagegen unser Mittagessen: Wurst am Meter, organisiert von Silvia, gegrillt auf Sepp’s Camping-Grill. Goldwäscherküche – einfach, sättigend, und niemand bleibt hungrig.


Montags geht’s zum Cervo, inspiriert von einem YouTube-Kollegen. Rätselnd stand dieser im Sommer erstmals auf einer so massiven Kiesbank mit Tonnen-schweren Steinen. Er schrieb mir eine WhatsApp, wie man hier denn Gold suche? Ich riet ihm, einfach hinter grossen Steinen zu graben. Eine Stunde später sandte er mir ein Bild mit einem wunderschönen Nugget. Das will ich natürlich wiederholen. Drei Eimer hier – aber nicht mal ein Lichtblick, drei Eimer dort – wieder nichts. Erst eine mühsam aufgebrochene Gneisspalte gibt einen 1-mm-Fund her, sonst herrscht den ganzen Tag absolute Ebbe.
Beim Heimweg zeigt sich: Ladestationen sind beim E-Auto abenteuerlicher als jede massive Kiesbank. Zwei gehen nicht (zumindest mit meinen Apps), eine ist unauffindbar.
Die Rückreise steht, wie bei jedem Abenteuer, unter dem Motto „Hauptsache durchkommen“. Aber zuerst Laden an der Autobahn, dort wo es letztes Mal klappte. Zur Überbrückung der Wartezeit gibt’s einen abendlichen Blick auf den weiss-verschneiten Monte Rosa, letzten Toma-Käse und ein Abendpicknick vor dem Sonnenuntergang. Der Gotthard-Tunnel hat ab 22h Wartungsarbeiten. Um 22:05h bin ich in Airolo, also Passfahrt mit Zwangspause wegen Autobrand 100 m vor mir. Ich sehe eine eindrückliche Benzin-Stichflamme gen Himmel gehen – und erinnere mich, dass Elektro-Autos ganz hässlich brennen sollen. Batterie bei 37% – aber dank Rekuperation auf der abfallenden Nordseite bin ich in Altdorf wieder bei 40%. Nach Mitternacht bin ich mit 25% Restladung daheim.
Fazit zum E-Auto: Wo man früher in 4,5 Stunden durchrauschte, sind’s jetzt gut 6 – mit Pausen, Stromsuche und Tempo 105 halt entspannter (und in Geologie-Zeitrechnung sowieso geschenkt!).
